
Fast jeder Berliner hat ihn schon einmal gesehen, den trostlosen Plattenbau am Nordwestrand des Alexanderplatzes. Zu DDR-Zeiten war dieses 1984 fertiggestellte Gebäude eine begehrte Adresse. Bedeutende Politiker, namhafte Universitätsprofessoren und andere privilegierte DDR-Bürger haben hier gewohnt. Bis heute werden hier 200 Wohnungen auf 12 Etagen vermietet.

Schon oft ist mir beim Vorbeifahren dieses einzelne Fenster in einer der oberen Etagen aufgefallen, das aussieht, als stecke hinter ihm eine Geschichte. Und tatsächlich – es gibt sie, diese Geschichte, am Ende vielleicht sogar mehrere. Eine davon hat mir neulich ein echter Berlin-Kenner erzählt.

„Eine der Privilegierten, die im Memhard-Block wohnen durften, war Ingrid, die Adoptivtochter von Stasi-Minister Erich Mielke. Nach ihrem Einzug war sie allerdings gar nicht so glücklich mit ihrer neuen Wohnung, fehlte ihr doch der Ausblick auf den Alexanderplatz. Die Fenster zeigten einfach alle in die falsche Richtung. Als sie Papa Erich ihr Leid klagte, zögerte dieser nicht lange und schickte umgehend einen Bautrupp los, der das Fenster mit Aussicht nachträglich einbaute.“
– Vincent, Stadtführer –


Und so schaut es bis heute über den Alexanderplatz, das einsame Fenster im Memhardblock.
Am Ende ist diese Geschichte wahrscheinlich doch nur eine Legende, aber wohl eine von denen, die man sich immer wieder gerne anhört und weitererzählt. Die Legende von Ingrids Fenster…


Trug der Plattenbau bis vor ein paar Jahren noch den Stempel des sozialen Brennpunktes, hat sich sein Image in den letzten Jahren scheinbar verbessert, obwohl die Architektur meist nicht den gängigen Schönheitsidealen entspricht.
Aber sind wir mal ehrlich – zentrale Lagen, meist günstige Mieten und traumhafte Aussichten über die Skyline von Berlin sind in Zeiten von mangelndem Wohnraum für viele Mieter schlagende Argumente. Und für den einen oder anderen kommt vielleicht auch ein bisschen der DDR-Kultfaktor dazu…